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2084 - Noras Welt

Der in Norwegen geborene Autor Jostein Gaarder veröffentlichte 2013 den Roman "2084 Noras - Welt" im Carl Hanser Verlag. In Bezug auf den Titel kann der*die Leser*innen eine Parallele zu dem 1993 erschienenen Roman "Sophies Welt" ziehen, welcher dem Autor internationale Bekanntheit verschafft. Beide Romane sind laut Gaarder "ein pädagogisches Projekt, bei dem ich eine Geschichte benutze, um den Leser in die Welt der westlichen Gedanken und der westlichen Philosophie zu begleiten." [1] Bevor Jostein Gararder sich dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern widmete, studierte er Philosophie, Theologie und Literaturwissenschaft an der Universität Oslo. [2]

Überblick zu Inhalten des Romans

Gaarder beschreibt die Tage um den 16.Geburtstag seiner Protagonistin Nora Nyrud. Nora wächst mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf in Norwegen auf. Trotz der heimischen Idylle hadert sie mit den Menschen und ihrem Umgang in Bezug auf die Natur. Nora stellt sich die Frage, ob der Klimawandel noch zu stoppen ist. Nach einer eigenartigen Nacht, in der sie träumt ihre eigene Urenkelin Nova aus dem Jahr 2084 zu sein, hat sie Gewissheit. Die Folgen des Klimawandels sind so stark ausgeprägt, dass die Welt nicht wiederzuerkennen ist. Eine große Anzahl an Tier- und Pflanzenarten sind ausgestorben und die Menschen aus dem Süden pilgern als Klimaflüchtlinge in den Norden. In Nora erweckt dieser Traum den Wunsch, der Erde eine zweite Chance zu geben, woraufhin sie mit ihrem Freund Jonas eine Umweltorganisation gründet.

Figuren

Die Protagonistinnen des Romans sind, die 15 jährige Nora Nyrud aus dem Jahr 2012 und ihre gleichaltrige Urenkelin Nova Nyrud aus dem Jahr 2084, die in Noras Traum erscheint. Ihre Beziehung beginnt als Nora einen Brief an ihre zukünftige Urenkelin schreibt. In Noras Traum sieht sie nicht nur Nova sondern auch sich selbst als Uroma. Weitere wichtige Charaktere des Romans sind Jonas, der Freund von Nora, Dr. Benjamin Antonsen, der Psychiater von Nora und seine Tochter Ester Antonsen.

Nora Nyrud

Die Protagonistin des Buches ist die aufgeweckte und wissbegierige Nora Nyrud. Bereits mit 10 Jahren erkennt sie, dass die Welt und das Wetter sich ändern, da im Winter der Schnee ausbleibt.[3] Aus dieser Erkenntnis entwickelt sich in Folge ein starker Wille, den Klimawandel aufzuhalten, respektive der Welt eine zweite Chance zu geben.

Nora zeichnet sich durch eine ausgeprägte Phantasie aus, die es ihr ermöglicht, sich in andere Lebewesen hineinzuversetzen. Aufgrund dieser Phantasie begibt sich Nora in Behandlung beim Psychiater Dr. Benjamin Antonsen, zudem sie ein vertrauensvolles Verhältnis entwickelt und einen Fürsprecher zur Bekämpfung des Klimawandels findet.[4] Noras zuvor beschriebene Träume nehmen im Verlauf des Buches und im einhergehenden Übergang zu Nova eine sehr bedeutende Rolle ein, da sie aus Novas Perspektive die Folgen des Klimawandels erfährt. Nora tritt als starkes, reflektiertes und vorausschauendes Mädchen auf. Sie erkennt, dass die globale Erwärmung voranschreitet und die Menschen die Schuld am Klimawandel tragen. In ihrem Aktionismus eignet Sie sich Wissen über den Klimawandel und dessen Ursachen an, welches im Verlauf des Buches sichtbar wird.

„Ich glaube, es gibt heute um die vierzig Prozent mehr CO2 in der Atmosphäre als vor der Zeit, in der wir ernsthaft begonnen haben, Öl, Kohle und Gas zu verbrennen, die Wälder abzuholzen und die heute übliche intensive Landwirtschaft zu betreiben. Es ist über 600 000 Jahre her, dass das CO2-Niveau so hoch war wie heute, was darauf schließen lässt, dass wir Menschen unser heutiges Problem selbst verursacht haben.“ [5] „Nora fand das alles nur noch krank. Welches Recht hatten die Menschen, andere Lebensformen auszurotten? Was war bloß los mit den Menschen?“[6]

Basierend auf den Textstellen wird die menschliche Schuld am Klimawandel deutlich. Nora empfindet folglich Missachtung gegenüber des menschlichen Handelns und leidet darunter. Daraus entwickelt sich ihre Sorge, künftigen Generationen eine weniger lebenswerte Welt zu hinterlassen.[7] Dr. Antonsen bezeichnet sie aufgrund ihrer Haltung als gesünder als ein Großteil der Menschen. Er ermutigt sie sich aktiv gegen den Klimawandel einzusetzen, um ihre Ängste positiv zu verarbeiten. Daraufhin gründet sie eine Umweltorganisation mit ihrem Freund Jonas. Beide beschäftigen sich mit der Frage, "wie es möglich ist, tausendundeine Tier-und Pflanzenart zu retten?" Jonas entwickelt eine Antwort, welche Nora in ihrem Brief an Nova weitergibt. Neben dieser Antwort schildert Nora die Ursachen für den Klimawandel. Dabei betont sie besonders die Gier und das Konsumverhalten der Menschen.

Neben der Antwort unterstützt Jonas sie durch seine Liebe und Aufmerksamkeit. Er ist der einzige, der sie vollkommen versteht und ihren Aktionismus teilt. Trotzdem sorgt sich Jonas um das Wohlbefinden von Nora, da er befürchtet, dass ihre Träume überhand nehmen und sie ihren Realitätsbezug verliert. [8]

Nova Nyrud

In ihren Träumen ist Nora ihre eigenen Urenkelin Nova, die im Jahr 2084 im selben norwegischen Dorf lebt. Die Zustände und Umweltbedingungen haben sich jedoch sehr stark geändert und Nova lebt in einer dystopischen Welt, welche von den Folgen des Klimawandels geprägt ist. Nova ist ebenfalls 15 Jahre alt und besitzt dieselbe Einstellung wie Nora. Beide Figuren verfolgen das Ziel, der Welt eine zweite Chance zu geben. Jedoch fühlt sich Nova machtlos und empfindet Wut über den Zusammenbruch des Ökosystems durch den Menschen. „[…] aber sie hält es für ihre Menschenpflicht, sich über den fortschreitenden Zusammenbruch der Ökosystems auf der Welt zu informieren. Sie ist wütend. Sie ist stocksauer. Nur das hilft nichts, denn sie kann nichts gegen das Unheil tun… .“ [9] Zudem empfindet Sie Resignation und es quält Sie, die Bilder von der früheren Erde zu sehen. Dennoch entwickelt Sie den starken Wunsch, der Erde eine zweite Chance zu geben. Durch die Träume entwickelt sich die Kommunikationsebene mit Nora. Durch die Dialoge zwischen Nova und Uma, sowie Novas Erfahrungen erfährt Nora, wie es möglich ist, der Erde eine zweite Chance zu geben. Es wird allerdings deutlich, dass Nova ihrer Uma eine Mitschuld an der jetzigen Situation gibt. Diese Schuldzuweisungen motivieren Nora zusätzlich in ihrem Handeln gegen den Klimawandel. [10] Schlussfolgernd werden Nora und Nova als starke Figuren dargestellt und nehmen durch ihre Vorbildfunktion und Willenskraft die Rolle der Heldinnen ein.

Neben den beiden Protagonistinnen übernimmt Noras Freund Jonas ebenfalls eine bedeutsame Rolle innerhalb der Handlung. Durch seine Liebe zu Nora unterstützt Er Sie in ihren Vorhaben und Unternehmungen, exemplarisch bei der Gründung der Umweltgruppe. Ferner liefert Jonas die Antwort auf die Frage „Wie können wir es schaffen, tausendundeine Tier- und Pflanzenart zu retten?“, welche einer zweiten Chance für den Planeten gleicht. [11] Jonas sorgt sich um das Wohlbefinden von Nora, da er befürchtet, dass ihre Träume überhand von ihrem Realitätsbezug nehmen. [12]

Darstellung des Klimawandels innerhalb des Romans

Im vorliegenden Werk nimmt der Klimawandel und seine Folgen eine äußerst zentrale Stellung ein. Die Handlungen der Protagonistinnen basieren auf der Klimaproblematik und werden von dieser zentral gesteuert.

Die 15 jährige Nora sammelt bereits in ihrer Kindheit erste Erfahrungen zu den Auswirkungen des Klimawandels. Durch die Beschreibung von Noras Erlebnissen werden die kurzzeitigen Wetterveränderungen deutlich. Dies lässt sich mithilfe des ersten Kapitels „Schlittenfahrt“ verdeutlichen. Das Kapitel spielt im Jahr 2006, Nora ist zu diesem Zeitpunkt 10 Jahre alt. Innerhalb des Kapitels werden Noras erste Erkenntnisse zu den Folgen des Klimawandels angedeutet. Verdeutlicht wird dies durch die Erkundung des Sees "Breavatnet". Bei der Erkundung des Ufers bemerkt Nora das sowohl Tier- als auch Pflanzenarten aussterben. Beschrieben wird dies am Beispiel eines toten Rentiers. Letztlich wird ihr bewusst, dass dies mit der Veränderung der Umwelt zusammenhängt, weshalb sich ihr Interesse für Natur und Umwelt verstärkt. Noras Interesse und ihr Misstrauen an der Normalität der Vorkommnisse wird in den letzten Zeilen des Kapitels offensichtlich. „Doch dann fiel Noras Blick auf eine tote Maus … und dort lag noch eine. Und unter einer Zwergbirke lag ein toter Lemming. […] Nun wusste Nora auch, warum die wilden Rentiere ins Tiefland hinabzogen. Mit dem Weihnachtsmann hatte das nichts zu tun.“ [13]

Die Auswirkungen des Klimawandels werden im Jahre 2084 aus der Perspektive von Novas beschrieben. Beispiele zeigen sich auf Seite 28: „Das Gerät macht >>pling<<, und das Bild eines kleinen Affen mit kugelrunden Augen taucht auf dem Bildschirm auf. Eine weitere Primatenart ist damit offiziell ausgestorben. In der freien Natur waren sie längst verschwunden, denn der Lebensraum des südamerikanischen Seidenäffchens ist längst abgefackelt und verdorrt.“ [14]

Gaarder beschreibt aufgrund der Veränderung der Umwelt zusätzlich Auswirkungen auf das menschliche Leben. Wo früher eine Tankstelle stand, ist in Novas Welt eine Karawanserei in der die Klimaflüchtlinge aus dem Süden eine Pause auf ihrer Durchreise einlegen. [15]

Deutlich wird an den Beispielen, dass die Handlung sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft spielt. Um die Klimakatastrophe zu verdeutlichen, werden die Wetterveränderungen als erzählende Elemente in Form von Raum und Zeit eingesetzt. Daraus lässt sich erkennen, dass das Buch ein Merkmal der „Klimaliteratur seit 2000" aufweist. Aufgrund der oben beschriebenen Beispiele kann der Klimawandel als Ausgangspunkt und Hintergrund der Handlungen angesehen werden und erhält eine zentrale Stellung innerhalb des Romans. [16]

Die Themenbereiche Klima, Wetter und Natur werden in dem fiktionalen Text thematisiert. Besondere Bedeutung kommt der Verknüpfung der Themen zu. Demnach werden innerhalb des Textes die Themenbereiche Wetter und Natur benutzt, um einen direkten oder indirekten Hinweis auf klimatische Veränderungen zu erzeugen. Somit werden sie zur Veranschaulichung des Rahmenthemas "Klimawandel" verwendet. Als Beispiele lassen sich folgende Textstellen angeben. „Der Planet wird von Webcams überwacht, die Endmoränen an den Orten zeigen, wo die Gletscher sich zurückziehen. Von Kamera zu Kamera schaltend, erlebt sie mit, wie die Dürre schrittweise über Afrika, Amerika, Australien und den Nahen Osten ausbreitet.“ [17]

„Sie sieht das Wüten der Flammen und hört das Feuer knistern. Sie sieht die beängstigenden Bilder von Orkanen und Wirbelstürmen, und sie hört das Wasser plätschern, den Wind heulen und die Menschen weinen.“ [18]

In beiden Textstellen wird signifikant auf Wetter– und Naturveränderungen hingewiesen. Über die Darstellung der Veränderungen wird der Klimawandel präsentiert und dramatisierend beschrieben. Allerdings wird der Klimawandel selbst nicht direkt erwähnt, sodass dieser nur über indirekte Verweise zu erkennen ist.

Im Zuge der Beschreibung von Wetterveränderungen wird darüber hinaus das Verhältnis zwischen Menschen und Natur angedeutet. Dabei wird der Begriff des „Anthropozän“ verwendet. „Wir verändern unsere Umwelt so sehr, dass wir die Zeit, in der wir leben, als neue geologische Epoche bezeichnen können: das Anthropozän.“ [19] Der Begriff des Anthropozän beschreibt ein neues, durch den Menschen geprägtes geologisches Zeitalter, wobei der Mensch kollektiv als geologische Kraft angesehen wird. [20] Mithilfe des Begriffs werden erste Hinweise auf das angedeutete Verhältnis zwischen Mensch und Natur vermittelt. Durch das Ausrufen des Anthropozäns und der zentralen Stellung des Klimawandels, wird ein weiteres Merkmal der Klimaliteratur seit 2000 charakterisiert. [21]

Aus der Perspektive von Nova werden die Langzeitfolgen der Klimakatastrophe erkennbar. Dies lässt sich an folgender Textsequenz verdeutlichen. „Im Garten stehen ihre Eltern auf Leitern, um die Obstbäume von Hand zu bestäuben. Es gibt keine Hummeln oder Bienen mehr. […] Die mühselige Arbeit, die sie früher zu Milliarden verrichteten, müssen die Menschen jetzt selbst erledigen.“ [22] Das Zitat belegt, wie dramatisierend die Folgen der Klimakatastrophe in der Zukunft beschrieben werden. Auffällig ist, dass stets das Mensch- Natur Verhältnis in einer beliebigen Form thematisiert und ein Vergleich zur Welt von Nora hergestellt wird. Durch die Beschreibung von vielfältigen Kurz- und Langzeitfolgen aus beiden Perspektiven, erhält der Leser einen Überblick zu den Folgen des Klimawandels.

Zuordnung des literarischen Genres

Aufgrund der bereits beschriebenen Merkmale "Klimaliteratur seit 2000", lässt sich der Roman "2084 - Noras Welt" in jenes Genre einordnen. Ferner kann der fiktionale Text den Genres "Jugend- und Zeitreiseliteratur" zugeordnet werden. Durch das Alter der Protagonistinnen und den Inhalt des Textes, wendet sich der Autor an eine jüngere Leserschaft. Durch den generationsübergreifenden Klimawandel, ist das Buch ebenso für ältere Generationen interessant. Die Einordnung in die Zeitreiseliteratur wird durch den ständigen Wechsel der beiden Welten gerechtfertigt.

zeitliches Setting der Handlung

Im vorliegenden Roman wird die Handlung mithilfe einer zeitdehnenden Erzählstruktur erläutert. Bei dieser Form der Erzählstruktur ist die Erzählzeit länger als die erzählte Zeit, da die Handlung innerhalb der Zeitspanne vom 11.12.2012 bis zum 12.12.2012 stattfindet. Innerhalb der Handlung sind Zeitsprünge gegenwärtig. Exemplarisch wird in den ersten Kapiteln von bereits zurückliegenden Ereignissen berichtet. Neben Sprüngen in die Vergangenheit, finden Novas Traumreisen in die Zukunft statt. Allerdings werden mehrere Altersstufen von Nova beschrieben, sodass nicht deutlich wird, wie alt Nova zu den Zeitpunkten ihrer Erlebnisse ist. Der folgende Auszug steht beispielhaft für einen Sprung in das Jahr 2084.

„Sie schlägt die Augen auf und heißt Nova. Alles kommt ihr neu und anders vor. Als sie sich im Bett aufsetzt, strömt von einem kleinen flachen Terminal auf dem Nacht-tisch gedämpftes Licht ins Zimmer. Als sie danach greift wird das Licht stärker. Während sie sich in die Kissen zurücklegt, schaltet sie auf den Benutzermodus. Auf dem Bildschirm des Terminals steht: Samstag, 12.Dezember 2084.“ [23]

Hervorzuheben ist, dass nach jedem Kapitel ein Wechsel der Protagonistinnen erfolgt. Dadurch wird eine starke Verbundenheit der beiden Welten erzeugt.

Gegensatzpaare

In der Klimaliteratur erhalten die Gegensatzpaare besondere Aufmerksamkeit. Im Rahmen des Aspekts "Fakt-Fiktion" erschafft Gaarder eine Parallelwelt zwischen den beiden Mädchen. Während Nova ausschließlich in einer dystopischen Zukunft lebt und den Zerfall der Erde miterleben muss, lebt Nora in der realen Welt zu Beginn des Klimawandels. Nora überzeugt in ihrem Einsatz als Umweltaktionistin, wofür sie sich zahlreiches Wissen bezüglich des Klimawandels aneignet. Ziel des Autors ist es, die Leser über die Ursachen des Klimawandels zu informieren. Auf diese Weise soll ein politisches und menschliches Umdenken auf Seiten des Lesers angestrebt werden. Unterstützt wird dies durch den Ausblick auf die dystopischen Folgen des Klimawandels.

Mensch-Natur-Verhältnis

Die Beziehung zwischen Mensch und Natur nimmt im literarischen Text einen hohen Stellenwert ein. Die Darstellung dieses Verhältnisses ist stets mit der Klimaproblematik verbunden. Es ist deutlich zu erkennen, dass das Verhältnis innerhalb der Handlung negativ dargestellt und mit verschiedenen Ereignissen sowie Fakten untermauert wird. Dabei wird die menschliche Spezies als äußerst gierig dargestellt, welche die Natur aus- und benutzt, um eigene Interessen zu befriedigen. Der Roman thematisiert eine kritische Betrachtung menschlicher Interessen im Rahmen der Ursachen der Klimaproblematik. Der Text besitzt eine umweltethische Perspektivierung. Die Verantwortung des Menschen für die Natur wird im Roman durch die Handlung und Äußerungen der Figuren verdeutlicht. „>>Mein Ururgroßvater ist mit Dromedaren gereist, mein Urgroßvater ist Mercedes gefahren und mein Großvater ist mit dem Jumbojet um die Welt geflogen - und jetzt reisen wir wieder mit Dromedaren. << Er mustert Nova und fügt nachdenklich hinzu: „>>Das Öl war Unglück für mein Land. „Wir sind über Nacht reich geworden und sind jetzt wieder arm.“ [24] Aus der Textstelle wird ersichtlich, dass der Abbau fossiler Brennstoffe und das Ausnutzen der Natur zur Verwirklichung eigener Interessen negative Konsequenzen suggeriert. Demnach ist der Mensch für seine Situation und die Klimakatastrophe selbst verantwortlich und leidet unter den Folgen. Das aktuelle Handeln der Menschen wird fortlaufend hinterfragt und als egoistisch beschrieben.

Durch das belastete Mensch-Natur Verhältnis, wird die philosophische Frage aufgeworfen, wie das künftige Leben auf der Erde gesichert werden kann.

„Wir haben unsere Sache so gut gemacht, dass wir nicht nur unsere eigenen Lebensgrundlagen, sondern die aller Arten in Gefahr bringen. […] Aber sind wir so verspielt und eitel, dass uns das Spiel wichtiger ist als unsere Verantwortung für die Zukunft unseres Planeten?“ [25] An dieser Textstelle wird die bereits erwähnte kritische Betrachtung der menschlichen Interessen, sowie die umweltethische Perspektivierung deutlich. Der Leser wird an dieser Stelle mit einer rhetorischen Frage konfrontiert, welche ihn zum Nachdenken und reflektieren des eigenen Handelns anregen soll.

Symbole, Motive, Topoi

Literarische Symbole dienen dazu, die Inhalte des Buches durch Zeichen und Gegenstände zu vertiefen. Aufgrund der zentralen Stellung des Klimawandels dienen besonders Symbole aus der Natur dieser Funktion. So steht das Schmelzen des Eises und der Gletscher exemplarisch für die Verschlimmerung des Klimawandels. Verdeutlicht wird dies im folgenden Textauszug: „… und auf der Erde wird es davon wärmer. Je mehr CO2 sich in der Atmosphäre ansammelt, desto wärmer wird es auf der Erde. Dann schmelzen Eis und Gletscher, und alles wird noch schlimmer, weil Eis und Schnee viel mehr Sonnenlicht und damit Wärme reflektieren als das Meer und die Berge, also wird die Erde noch mal wärmer…“ [26].

Neben den Symbolen für den Klimawandel, verwendet Gaarder weitere um die Bedeutung der Beziehung zwischen Nora und Nova hervorzuheben. Beispielhaft steht Noras 16. Geburtstag am 12.12.2012 in Novas Welt als Zeitpunkt für den Zusammenbruch der Ökosysteme. Dementsprechend wird die Dringlichkeit ihrer Kommunikation herausgestellt, damit Nora erfährt wie ihr größter Wunsch erfüllt werden kann. [27].

Als Motive werden in der Literatur thematisch wiederkehrende Elemente bezeichnet. Das bedeutungsvollste Motiv im Roman ist der Rubinring, den sowohl Nora als auch Nova besitzen. Der Ring sticht durch seine besondere Farbe, Taubenblut mit einem Stich ins blaue, hervor. Der Ring steht wiederkehrend im Zentrum der Handlung, um schlussendlich seine Funktion zu erfüllen, der Erde eine zweite Chance zu verleihen. Mit seiner geschlossenen Kreisform steht er für die Ewigkeit, welche auf die ewige Existenz des Planeten bezogen werden kann. Mit der Übergabe des Ringes von Uma an Nova, sowie von Noras Eltern an Nora, erhalten beide Mädchen die Chance mit der einhergehende Verantwortung die Welt zu verändern. Neben seiner bedeutungsvollen Form, steht der Rubin mit seiner Farbe für Lebenskraft und Liebe. Beide Eigenschaften ermöglichen es Nora und Nova, an den Wandel der Erde und die Besinnung der Menschheit zu glauben.

Der Autor nutzt diverse Ausdrucksschemata als Topos um, das menschliche Handeln nachvollziehbar darzustellen. Dazu zählt besonders die Liebe, die sich in der Beziehung zwischen Nora und Jonas äußert. Beide zeigen bedingungsloses Vertrauen und unterstützen sich in ihren Vorhaben. Ebenso empfindet Nora eine spezielle Liebe gegenüber der Natur, welche sie in ihrem Handeln antreibt. Weiterhin wird das Element der Nächstenliebe thematisiert. Diese äußerst sich über das Auftreten von Nova und Uma gegenüber dem kranken arabischen Jungen. Dieser schenkt als Zeichen seiner Dankbarkeit Uma den roten Rubinring. Aus dem anfänglichen freundschaftlichen Verhältnis, entwickelt sich im Verlauf der Handlung eine Liebesbeziehung zwischen Nova und ihm. Daneben werden die negativen menschlichen Charakterzüge dargelegt, welche sich in Form von Gier nach Reichtum und Besitz widerspiegeln. Der dadurch voranschreitende Klimawandel verwandelt Noras idyllische Welt, als einen Locus amoenus im Verlauf der Handlung zu einem Locus terribles. "Doch zu Silvester des Jahres, indem Nora 10 geworden war, war weder oben in den Bergen noch unten im Tiefland Schnee gefallen. Der Frost hätte sich längst in der Landschaft festgebissen, aber von ein paar Flecken hier und da abgesehen gab es keinen Schnee. [...] Aber zu Silvester wollten sie trotzdem hinauf in die Berge, dann eben mit Treckern. Noch dazu musste der traditionelle Besuch auf er Hütte in diesem Jahr tagsüber stattfinden, denn ohne Schnee auf der Hochebene würde der Silvesterabend so dunkel, dass man die Hand nicht vor den Augen sah." [28].

Fazit

Jostein Gaarder schafft es, in seinem Roman "2084 Noras Welt", eine der zukunftsrelevantesten Themen der Menschheit aufzugreifen und jugendlichen Leser*innen einen ästhetischen, sowie politischen Zugang zu ermöglichen. Dennoch stellt er die Wichtigkeit des Themas generationsübergreifend heraus, womit der Roman sowohl für junge Erwachsene als auch ältere Generationen empfohlen werden kann. Durch die detaillierten und bildhaften Beschreibungen der Folgen des Klimawandels, regt der Autor seine Leserschaft zum Umdenken von politischen und wirtschaftlichen Interessen, sowie zum Überdenken des eigenen Handelns an.

Allerdings weist der Roman an zentralen Stellen Kritikpunkte auf. Die gegebenen Lösungsvorschläge zur Rettung der Erde, basierend auf den Ideen der Figuren, lassen sich wohl wenig in die Realität übertragen. Darüber hinaus lässt sich an ihrer Umsetzung in der heutigen Zeit zweifeln. Zusätzlich wird durch den ständigen Wechsel der Protagonistinnen eine Diskrepanz erzeugt, die es den Leser*innen erschwert, beiden Mädchen zu folgen und die inhaltliche Abfolge der Träume korrekt zu deuten.

Belege

  1. Linnea, Rahel (2013): Interview mit Jostein Gaarder. In: die-blaue-seite.de. Online, zuletzt abgerufen am 25.01.2022.
  2. Vgl. Carl Hanser Verlag (o. J.): Jostein Gaarder. In: Hanser-Literaturvorlage.de. Online, zuletzt abgerufen am 14.01.2022.
  3. Vgl. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 8.
  4. Vgl. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 15.
  5. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 19.
  6. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 72.
  7. Vgl. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 18.
  8. Vgl. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 156.
  9. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 29.
  10. Vgl. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 39.
  11. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 128.
  12. Vgl. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 156.
  13. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 10.
  14. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 28.
  15. Vgl. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 54.
  16. Vgl. Gabriele Dürbeck und Jonas Nesselhauf (2015): Figuren und narrative Instanzen in umweltbezogener Literatur- Eine Einführung. In: Komparatistik online: komparatistische Internet Zeitschrift / Justus- Liebig- Universität Gießen Ausgabeheft(2), S. 1. Online, zuletzt abgerufen am 14.01.2022.
  17. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 76.
  18. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 77.
  19. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 52.
  20. Vgl. Mayer, Sylvia (2015): Klimawandelroman. In: Urte, Stobbe & Dürbeck, Gabriele (Hrsg.): Ecocritism - Eine Einführung, Köln: Böhlau, S. 233.
  21. Vgl. Gabriele Dürbeck und Jonas Nesselhauf (2015): Figuren und narrative Instanzen in umweltbezogener Literatur- Eine Einführung. In: Komparatistik online: komparatistische Internet Zeitschrift / Justus- Liebig- Universität Gießen Ausgabeheft(2), S. 1. Online, zuletzt abgerufen am 14.01.2022.
  22. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 86.
  23. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 28.
  24. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 60.
  25. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 122.
  26. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 22.
  27. Vgl. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 22.
  28. Gaarder, Jostein (2013): 2084-Noras Welt. München: Carl Hanser Verlag, S. 8.

Autor*innen

Erstfassung: Peter Manegold und Eike Linne am 29.01.2022. Grundlegend erweitert und überarbeitet durch Peter Manegold und Eike Linne am 17.02.2022. Den genauen Verlauf aller Bearbeitungsschritte können Sie der Versionsgeschichte des Artikels entnehmen; mögliche inhaltliche Diskussionen sind auf der [[Diskussion:Benutzer:Peter Manegold/Werkstatt|Diskussionsseite]] einsehbar.

Zitiervorlage:
Manegold, Peter; Linne, Eike; Manegold, Peter; Linne, Eike (2022): Werkstatt. In: Böhm, Felix; Böhnert, Martin; Reszke, Paul (Hrsg.): Climate Thinking – Ein Living Handbook. Kassel: Universität Kassel. URL=https://wiki.climate-thinking.de/index.php?title=Benutzer:Peter Manegold/Werkstatt, zuletzt abgerufen am 29.03.2024.