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Version vom 20. September 2021, 15:40 Uhr von Laura Löslein (Diskussion | Beiträge) (Das Verhältnis zwischen Forscher*in und Eisbär Die dargestellten Szenen eröffneten verschiedene Perspektiven, wie Akteure der Wissenschaft an Daten über Eisbären gelangen können. Bezogen auf das Mensch-Tier-Verhältnis traten verschiedene Intensitäten Sybille Klenzendorf als Knotenpunkt eines dargestellten wissenschaftlichen Netzwerkes: Weiblichkeit und Kommunikation)
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Die Inszenierung von Wissenschaft im Dokumentarfilm vor dem Hintergrund des Eisbär-Mensch-Verhältnisses

Das wachsende Bewusstsein für den Klimawandel bietet besonders der szientistischen Wissenschaft, in all ihren Teildisziplinen, einen weitstreuenden Nährboden für neue Forschungsbeiträge. Auch Dokumentarfilme über den Klimawandel befassen sich steigend mit ökologischen Fragestellungen, die auch die Rolle der Wissenschaft darin einbeziehen. Anhand des Films Der Eisbär: Kampf ums Überleben (2014) beleuchtet der folgende Beitrag daher die Inszenierung der Wissenschaft im Dokumentarfilm vor dem Hintergrund des Eisbär-Mensch-Verhältnisses mittels eines multimodal Analysezugangs.

Wissenschaftliche Methode(n)

Üblicherweise wird die Wissenschaft im Dokumentarfilm so inszeniert, dass ihre Akteure als Experten*innen und ihre Methoden als notwendig und damit positiv konnotiert dargestellt werden. Der Dokumentarfilm Der Eisbär: Kampf ums Überleben weist verschiedene Intensitäten dessen auf, wie sehr Wissenschaftler*innen in die Lebenswelt der Eisbären eingreifen, um an Daten über diese zu gelangen. Die im Dokumentarfilm eingebetteten Methoden reichen von der Beobachtung aus der Distanz, über Fellrückstande an einem Maschendrahtzaun bis hin zum Abschuss eines Gewebeproben- sowie eines Betäubungspfeils. Die zum Teil sogar gewaltvolle Darstellung wird nicht allein durch das gezeigte Bild illustriert, sondern erfolgt multimodal, d.h. mithilfe von audiovisuellen Informationsträgern. Neben der Bildsequenz als visuelles Mode, modellieren auch auditive Modes wie etwa Musik, Sprechertext oder (un-) natürliche Geräusche die Wahrnehmung des Rezipierenden. Modes verfügen demnach autonom sowie kompositorisch über eine spezifisch intendierte Wirkungsmacht. Die filmische Inszenierung von mitunter tierethisch kritisch zu bewertenden Methoden verweist so auch auf die Notwendigkeit, wissenschaftliche Handlungen zu legitimieren.

Die durchgeführte sprachwissenschaftliche Untersuchung spannt ihren inhaltlichen Rahmen daher von der Inszenierung der Wissenschaft und ihren (Legitimations-) Methoden sowie der Darstellung des Forscher*in-Eisbär-Verhältnisses im Dokumentarfilm. Die Erarbeitung der im Anschluss vorgelegten Ergebnisse erfolgte anhand einer multimodalen Transkriptionsanalyse (PDF) markanter Sequenzen.

Sequenz 1: Der Gewebeprobenpfeil (12:11-12:45)

Die erste visuelle Information, die der Rezipierende aus der vorliegenden Sequenz erhält, ist diese, wie ein Pfeil mit einem roten Klebestreifen präpariert wird. Dahinter befindet sich kontrastiv zum Rot ein schwarz-silbernes Gewehr. Der Off-Kommentar kontextualisiert die Vorbereitung der Waffe, indem er den Zweck des Vorhabens sprachlich bestimmt: Es gehe darum, Informationen über die Population der Eisbären zu sammeln, woraus die Wissenschaftler*innen ableiten könnten, wie viele Eisbären von den Inuit erlegt werden dürfen. Das spezifische Inuit-Eisbären-Verhältnis wird zuvor im Dokumentarfilm dargelegt. Dass es sich bei dem präparierten Pfeil lediglich um einen Biopsie-Pfeil handelt, also um einen Gewebeprobenpfeil, wird erst elf Sekunden später über die Off-Stimme vermittelt - nachdem zwei vom Hubschrauber weglaufende Eisbären gezeigt wurden. Die Erläuterung der wissenschaftlichen Methoden und die gezeigten Bildabfolge zur praktischen Umsetzung dessen decken sich erst in dem Moment, in dem zwar der Schuss des Pfeils hörbar wird, gleichzeitig aber deutlich markiert wird, dass „das Bleistift große Geschoss […] ein winziges Stück aus der Haut des Bären [stanzt]“ und die Bären weitestgehend unbeeinträchtigt bleiben. Auffällig ist zudem, dass die Sequenz durchgängig von den Rotationsgeräuschen des Hubschraubers begleitet wird, während jegliche zuvor noch eingeblendete Musik nun ausbleibt.

Die Präparation sowie der Abschuss des Pfeiles werden hier demnach so inszeniert, dass zunächst das Gewehr visuell und auditiv als Gegenstand der Bedrohung geltend gemacht wird. Erst der wissenschaftliche Hintergrund nimmt die Spannung des Gefährlichen heraus. Gleichzeitig zehrt die Inszenierung der Wissenschaft von dem Moment der Bedrohlichkeit, indem Forschung und Erkenntnisgewinn so als spektakulär und damit als besonders interessant dargestellt werden

Sequenz 2: Der Betäubungspfeil (23:04-25:00)

Eingeführt wird die Szene aus der noch anonymen Sicht eines schwarzen Hubschrauberfensters hinaus auf eine farblose, weitläufige Eislandschaft. Auditiv rückt die Hintergrundmusik nun in den Vordergrund und besetzt die dargestellten Bilder mit einer emotional positiven Aufbruchs-/Grundstimmung. Gleichrangig zur Musik kommen die Motorengeräusche des Hubschraubers hinzu und erzeugen einen akustischen Bruch zwischen einem ästhetischen und technischen Klangteppich. Überlagert wird dieser von der Off-Stimme, die den Anlass der Unternehmung kontextualisiert, nämlich den Mangel an wissenschaftlichen Daten sowie die Schwierigkeiten ihrer Erhebung. Bildlich wird dieser Umstand durch die karge, unbewohnbare Eiswüste gestützt. Währenddessen treten nun die eigentlichen Akteure ins Bild: gezeigt wird das Besatzungsteam, das sich aus vier Wissenschaftlern orchestriert, und das eine Eisbärenmutter und ihre zwei Jungen verfolgt. Simultan zum Sprechertext, der über den Informationsmangel zum Gefährdungsgrad der Eisbären informiert, erscheint das Bild einer Waffe. Um gefahrlos Daten über diese erheben zu können, indem „[…] ausgewählten Tieren Satellitenpeilsender an[ge]leg[t] [werden], betäuben sie die Bären zunächst aus der Luft“ . Dass es sich bei der Munition der Waffe um einen Betäubungspfeil handelt, erfährt der Rezipierende erneut erst nach den Bildern der vorbereiteten Waffe. Der Anlass der Waffengewalt wird erst über den Sprechertext vermittelt, der so die Verzögerung zwischen Bild und Wort rekontextualisiert. Auch die Jungtiere der Bärin werden zur Verharmlosung der gezeigten Gewalt (s.Tabelle) funktionalisiert. Indem sie ungelenk auf den bewegungslosen Körper ihrer Mutter klettern und so ihre unmittelbare Nähe suchen, emotionalisieren sie die gezeigte Situation. Indem einer der Forscher eines der Eisbärjungen streichelt, inszeniert er sich so als Beschützer der Eisbären und verwischt so die Härte des Eingriffs vom Menschen in die Lebenswelt der Eisbärenfamilie. Legitimiert wird das Vorhaben durch die Wissenschaft: So werden Bilder vorgeführt, wie die Bärenmutter von den vier Männern unter hörbaren Ächzen gewogen wird, grüne Farbe in ihre Maulpartie gestanzt wird und ihr zuletzt unter Anstrengung das Sendehalsband umgelegt wird. Unter der Prämisse einer Tierwohl orientierten Schirmherrschaft wird hier eine klare Machtausübung durch den Menschen illustriert, die positiven Absichten folgt und doch durch gewaltvolle Eingriffe praktiziert wird.

Die Methode des Betäubungspfeils im dokumentarfilmischen Diskurs

Eine nahezu deckungsgleiche Verharmlosungsstrategie zeigt auch der Dokumentarfilm Der Eisbär (2015): Der Ablauf des Betäubungsvorgangs wird nach dem Schuss, der hier jedoch deutlich zu hören ist, gleichartig gezeigt und vom Off-Sprecher gleichermaßen begründet. Damit wird zwar der Anlass der Waffennutzung mithilfe eines wissenschaftlich motivierten Ziels legitimiert, die Risiken der Betäubung in dieser Sequenz jedoch nicht problematisiert. Gegensätzlich dazu befasst sich der Tierfilm Auf Wiedersehen Eisbär – Leben auf Spitzbergen (2019) auch mit den Schattenseiten des Betäubungsvorgangs und verweist auf den Tod einer jungen Bärin, die wahrscheinlich aufgrund einer Unverträglichkeit des Betäubungsmittels starb. Auch hier ist es die Schirmherrschaft der Wissenschaft, die als auslösende Instanz dafür angegeben wird: „Um die Auswirkungen des Klimawandels zu erforschen, werden jedes Jahr 50 bis 100 Eisbären betäubt, untersucht und vermessen. Anschließend werden sie markiert, damit die Biologen ihre Wanderwege verfolgen können“. Interessanterweise werden in beiden Filmen, Der Eisbär (2014) und Auf Wiedersehen Eisbär, dieselbe Sequenz zum weiteren Vorgehen der Wissenschaftler gezeigt: die bewusstlose Bärin wird auf einer Tragewiege emporgehoben, während ihre Jungen im Hintergrund auf dem Boden liegen. Nur durch die jeweilige Kontextualisierung durch die Off-Stimmen werden unterschiedliche Schattierungen zur Bewertung dieser wissenschaftlichen Methode gesetzt.

Sequenz 3: Eisbärenfell am Zaun (35:31-37:53)

Während zuvor Gewebeproben durch Pfeile aus der Luft gesammelt und so Daten über die Eisbärenpopulation erhoben wurden, zeigt diese Sequenz (35:31-37:53) eine räumlich sowie methodisch gegenläufige Forschungspraxis auf: Der Bonepile in Kaktovic wird von verschiedenen Tieren wie Möwen oder Eisbären als Nahrungsquelle genutzt. Wissenschaftler*innen nutzen ihn gleichermaßen - als Quelle für Gewebeproben. Um an Forschungsdaten zu gelangen, wird der Bonepile von einem Maschendrahtzaun umschlossen, an dem die Haare der Eisbären hängen bleiben, ohne einem zusätzlichen Eingriff des Menschen. Diesem so genannten ‚weltweit einmalige[n] Forschungslabor‘ nähern sich Sybille Klenzendorf und die amerikanische Forscherin Karyn Rode zu Fuß. Zur Beschreibung dessen bedient sich die Off-Stimme eines selten eingestreuten metaphorischen Wortlauts: Die Forscherinnen „gehen gemeinsam auf Spurensuche“ (35:45). In dieser Aussage vereinen sich mehrere grundlegende Charakterzüge der Wissenschaft: In der Natur des Wissenschaftlers, der des Wissen-Schaffenden, liegt das grundsätzliche Bestreben danach verankert, neue Erkenntnisse über die (Um-) Welt zu generieren. Die semantische Entscheidung für ‚Spurensuche‘ zentriert so die Rätselhaftigkeit, die der Wissenschaft im Kern zugrunde liegt. Gleichzeitig schaltet der Dokumentarfilm währenddessen bildlich die Schritte, genauer die eigenen Spuren der Forscherinnen, im Schnee zum Off-Kommentar hinzu und garantiert so eine Rückkopplung faktischer Sachlichkeit, die ebenso sehr Teil des modernen Wissenschaftsverständnisses ist. Darüber hinaus verweist die Aussage auch auf das kollektive Bestreben nach Erkenntnisgewinn. Der Wissenschaftsbetrieb formiert sich als Komplex einzelner Akteure, die in einer inhaltlichen, historischen, wissenstraditionellen, etc. Relation zueinander stehen. Es ist die Multimodalität, die das Aufeinanderbezogsein im Dokumentarfilm bloßlegt und gleichzeitig hier exemplarisch die Forschung zum Klimawandel und seiner Beziehung zum Eisbär zusammenführt; und zwar sequenzübergreifend: Dass der Bonepile für die Wissenschaft ein Alleinstellungsmerkmal besitzt, pointiert die Forscherin Sybille Klenzendorf: „Meistens müssen wir mit Hubschraubern aufs Eis rausfliegen und wo Bären total verteilt sind. Hier sind sie alle auf einem Ort und man hat natürlich das als Wissenschaftler einfacher als woanders.“ Die zuvor subtile Hintergrundmusik verstummt an dieser Stelle und Sybille Klenzendorf wird durch eine porträtierende Ansicht als Expertin markiert. Anhand ihrer Äußerung wird so die Schwierigkeit der Eisbär-Klima-Forschung und die Notwendigkeit zu bestimmten Methoden erneut aufgegriffen und als relevant-problematisch ausgewiesen.

Zudem zeigt dieser Teil der Sequenz die intrikate Beziehung zwischen Forscher*in und Eisbär auf: Auf die Szene der ‚Spurensuche‘ (35:45) folgt durch die Off-Stimme die versprachlichte Wahrnehmung des Eisbären als Bedrohung für die Wissenschaftlerinnen. Der Bonepile ist für die Forscherinnen erst dann zugänglich, wenn sich die „[…] Raubtiere verzogen [haben]“ (35:50). War der Hubschrauber in den Sequenzen zuvor eine für den Eisbären wahrgenommene Bedrohung, ist der Mensch zu Fuß von der Abwesenheit des Eisbären abhängig. Damit wird hier einerseits eine Beziehung zwischen Forscher*in und Eisbär angedeutet, die die gegenseitige Bedrohung von Eisbär und Mensch im Allgemeinen skizziert, andererseits werden mit diesem Hinweis wesentlich die methodischen Rahmenbedingungen für die Wissenschaft und ihre Praxis gesteckt. Während sich die Wissenschaftlerinnen der Eisbärforschung nur über eine Form der Distanz widmen können, stellt der Dokumentarfilm für den Rezipierenden einen hohen Grad der Unmittelbarkeit zur wissenschaftlichen Praxis her: In der Szene 36:47-36:59 wird die Forscherin Karyn Rode gezeigt, wie sie einen kleinen schwarzen Koffer öffnet und diesem feine Werkzeuge entnimmt. Es ist nur Hintergrundmusik gehört, wodurch der Fokus auf das visuell Wahrnehmbare gelegt wird. Sowohl Karyn Rode als auch der Off-Kommentar kontextualisieren daraufhin diesen konkreten Ansatz fachsprachlich, ehe Karyn Rode ein Haarbüschel vom Zaun pflückt und eintütet. Es wird folglich sehr konkret gezeigt und erklärt, wie Wissenschaft in ihrer Praxis funktioniert, wodurch sie und ihre Methoden authentisiert sowie ästhetisiert werden. Die Wissenschaftlerin*innen und die Eisbären tragen so als „wissenschaftlichen Akteure – Menschen wie Tiere – [] zu einer Ästhetik der visuellen Beweisführung bei.“

Sequenz 4: Beobachten aus der Distanz durch Fernrohr (21:00-21:18) und Tundra-Buggys (43:48-45:01)

In der Sequenz von 21:00 bis 21:18 treffen Multimodalität sowie Multiperspektivität aufeinander: Zunächst wird ein Fernrohr aus unmittelbarer Nähe gezeigt, das direkt auf die Kamera gerichtet ist. Hindurch blickt eine Frau, die vom Off-Kommentar als die Forscherin Susan Miller vorgestellt wird. Während sie durch das Fernrohr blickt, berichtet die Off-Stimme, dass sie seit 20 Jahren Eisbären beobachtet. Der Akt des Beobachtens wird somit visuell gezeigt und sprachlich mit dem beruflichen Hintergrund von Susan Miller verknüpft. Die wissenschaftlichen Protagonistinnen werden nun ebenfalls in einen gemeinsamen Sinnzusammenhang gebracht, indem -- nun weitläufig perspektiviert -- Sybille Klenzendorf an die Seite ihrer Kollegin tritt. Danach wird der Rezipierende über ihr gemeinsames Forschungsvorhaben, den körperlichen Zustand der Eisbären herauszufinden, informiert. Deckungsgleich zum Gesprochenen folgt die Kameraansicht nun dem Lauf des Fernrohrs und ein im Schnee liegender Eisbär tritt in Erscheinung. Indem der Rezipierende nun durch die Augen der Forscherin Susan Miller blickt, entsteht erneut eine direkte Unmittelbarkeit zwischen einer Akteurin der Wissenschaft und dem Rezipierenden. Diese Ansicht erlaubt es, dass der Rezipierende sich nun selbst die Fragen stellt, die auch die Wissenschaftlerinnen interessieren: Was sagt die liegende Position des Eisbären oder sein von grauen Schattierungen geprägtes Fell über seinen körperlichen Zustand aus?

Das Beobachten aus der Distanz wird darüber hinaus durch so genannte Tundra-Buggys praktiziert. Auch diese Sequenz (43:48-45:01) erhebt Sybille Klenzendorf zum Knotenpunkt wissenschaftlicher Praxis, indem sie es ist, die sich mit ihrem Kollegen Steve Amstrup in einem der Tundra-Buggys trifft. Das spannende Moment ist hier die Vorwärtsbewegung des Fahrzeugs, während die Off-Stimme gleichzeitig die historische Entwicklung der Riesendfahrzeuge erzählt: Zunächst als Instrument des Tourismus, verlieren die so bezeichneten ‚Riesenfahrzeuge‘ ihren „nicht unumstrittenen Charakter, indem sie „jetzt [] auch von den Wissenschaftlern sinnvoll genutzt [werden].“ (44:23) So wird im nächsten Still der Forscher Steve Amstrup mit einem handlichen Fernglas gezeigt. Auch hier folgt er Rezipierende der Sicht des Fernglas und wird zum Teilnehmenden an der Betrachtung der Eisbären aus der, für ihn zweifachen, Distanz.

Was aus dem Standpunkt der dargestellten Wissenschaftspraxis als nur geringfügig intensiver Eingriff des Menschen in die Lebenswelt des Eisbären anmutet, so kann sich der Eisbär der menschlichen Sphäre und der Beobachtung dennoch kaum mehr entziehen. Hierbei handelt es sich um einen Kritikpunkt, dem sich der Tierfilm immer wieder ausgesetzt sieht. Der Eisbär ist auch ohne neurologische Bewegungsunfähigkeit durch einen Betäubungspfeil oder einem Zoogehege seiner Bewegungsfreiheit und „Privatsphäre“ beraubt. Gerade durch die moderne Technik, die der Wissenschaft zur Verfügung stehen, Hubschrauber oder Tundra-Buggys, bleiben nur noch wenige Lebensbereiche des Eisbären unerschlossen und so unangetastet vom Menschen.