Doing Nothing Garden

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Teil der Reihe
Kunstkommunikation
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umweltaktivistische Kunst
Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung:7000 Eichen
Doing Nothing Garden
Verhältnis von Mensch und Natur


Das Kunstwerk in der Karls Aue.

„Gut, dann mache ich eben nichts“ [1] lautete das Statement des Künstlers zu seinem Kunstwerk Doing Nothing Garden, welches so eine neue Perspektive auf das Kunstwerk wirft: eine Umweltaktivistische.

Erläuterung des Kunstwerks

Eines von Song Dongs berühmtesten Kunstwerken ist der Doing Nothing Garden, welcher im Rahmen der dOCUMENTA 13 im Sommer 2012 in Kassel entstand. Hierfür wurde ein etwa sechs Meter hoher Hügel aus Schutt und organischen Abfällen aufgeschüttet und mit Gras und Blumen bepflanzt. Er war außerdem mit Neonschildern übersehen, auf denen die Wörter ‚Doing‘ und ‚Nothing‘ zu lesen waren.[2] Der prägnante Standort des Doing Nothing Garden trug stark zur Wirkung des Kunstwerkes bei, da es sich unmittelbar vor der Orangerie auf der Karlswiese inmitten der barocken Sichtachsen der – ursprünglich als Lustgarten angelegten – Karlsaue befand.[3] Um den bepflanzten Berg herum befand sich eine Sitzfläche, die bei gutem Wetter zum Verweilen einlud und während der documenta auch immer gut besucht war. Wie viele von Song Dongs Arbeiten ist auch dieses von Gedanken an den Naturschutz durchdrungen und besitzt eine umweltaktivistische Bedeutung. Es versinnbildlicht eine Verbindung zu Konzepten und Philosophien des Taoismus und einer möglichen „Symbiose mit den Kräften der Natur“[4]

Konzept des Kunstwerks

Song Dong erstellt seine Kunstwerke hauptsächlich nach dem Prinzip des ‚Wu Wei‘ (chin. 無為 / 无为). Dieses Prinzip entstammt der chinesischen Philosophie des Taoismus (auch Daoismus), die etwa seit dem 4. Jh. v. Chr. besteht. Übersetzt ins Deutsche bedeutet der Begriff ‚Wu Wei‘ in etwa ‚Nichtstun‘ bzw. ‚Nichthandeln‘ und wird im chinesischen Sprachgebrauch – im Gegensatz zum westlichen, europäischen Verständnis – nicht negativ konnotiert. Somit wird diese Formulierung auch nicht mit Faulheit gleichgesetzt, sondern ist durchweg positiv konnotiert. Nach dem chinesischen Prinzip meint ‚Nichtstun‘ nämlich nicht ‚gar nichts machen‘, sondern nur ‚das Nötigste‘ tun. So gibt man Potenzialen die Möglichkeit, sich frei zu entfalten.[5]

Nimmt man sich einen heimischen Garten als Beispiel, so lässt sich ‚Wu Wei‘ folgendermaßen erläutern:

  • Eine Pflanze wächst grundsätzlich von alleine, man muss sie aber gießen, damit sie besser wachsen kann stellt hier die nötigste Handlung dar.
  • An ihr zu ziehen, um sie schneller zum Wachsen zu bringen entspricht einer unnötigen/nutzlosen Handlung, die nach dem ‚Wu Wei‘-Prinzip nicht vollzogen werden soll.


Ähnlich verhält es sich in Song Dongs Doing Nothing Garden, denn allein dessen Name verweist bereits auf das ‚Wu Wei‘-Konzept: Song Dong sammelt Bauschutt und lässt ihn vor der Orangerie in Kassel zur dOCUMENTA13 aufschütten. Anschließend versieht er sein Kunstwerk mit Neonschildern und lässt die Natur ‚arbeiten‘. Er vollzieht also nur die nötigste Handlung (= Bauschutt aufschütten) und lässt der Natur freien Lauf, damit sie sich gänzlich entfalten kann. So entsteht auf dem Bauschutt eine Grünfläche mit unterschiedlichsten Pflanzen.[6]

Umweltaktivistische Bedeutung des Kunstwerks

In dieser sprachwissenschaftlichen Analyse soll die umweltaktivistische Bedeutung des Doing Nothing Gardens des chinesischen Künstlers Song Dong geklärt werden. Um diese nachvollziehen zu können, sollte jedoch zuerst ein Blick auf dessen Kunstwertstiftung gelegt werden, denn dieser analytische Schritt klärt, warum man das Kunstwerk als solches bezeichnen kann. In einem weiteren Schritt wird der Fokus auf die verschiedenen Modi umweltaktivistischer Kunst, in denen Kunstwerke beschrieben werden, welche Umweltaspekte fokussieren.


Im Rahmen des Seminars Von Beuys' Bäumen und Bakargievs Erdbeeren – Umweltaktivismus im documenta-Diskurs von 1982-2017 (Lehrschwerpunkt Climate Thinking) im Sommersemester 2020 wurde diese Analyse von einer studentischen Arbeitsgruppe erstellt.



Belege

  1. Hadler, Simon (2012): Ein Lehrstück in Zeitgenossenschaft. In: orf. Online, zuletzt abgerufen am 04.03.2021.
  2. Das Begleitbuch/ The Guidebook. In: documenta und Museum Friedericianum Veranstaltung-GmbH (Hrsg.): Katalog 3/3, Kassel: Hatje Cantz, S. 306f.
  3. Holz, Burghard (2012): Mein Lieblingskunstwerk: Song Dongs "Doing nothing garden" in der Karlsaue. In: HNA Kultur. Online, zuletzt abgerufen am 25.02.2021.
  4. Kurzführer (2015): Projekte: Song Dong. In: Universes in Universe. Online, zuletzt abgerufen am 25.02.2021.
  5. Fischer,Theo (1992): Wu Wei. Die Lebenskunst des Tao. Hamburg: Rowohlt.
  6. Holz, Burghard (2012): Mein Lieblingskunstwerk: Song Dongs "Doing nothing garden" in der Karlsaue. In: HNA Kultur. Online, zuletzt abgerufen am 25.02.2021.



Autor*innen

Erstfassung: Hannah Hofer und Nadja Vieweger am 29.10.20. Grundlegend erweitert und überarbeitet durch Jana Keßler am 26.02.21. Den genauen Verlauf aller Bearbeitungsschritte können Sie der Versionsgeschichte des Artikels entnehmen; mögliche inhaltliche Diskussionen sind auf der Diskussionsseite einsehbar.

Zitiervorlage:
Hofer, Hannah; Vieweger, Nadja; Keßler, Jana (21): Doing Nothing Garden. In: Böhm, Felix; Böhnert, Martin; Reszke, Paul (Hrsg.): Climate Thinking – Ein Living Handbook. Kassel: Universität Kassel. URL=https://wiki.climate-thinking.de/index.php?title=Doing Nothing Garden, zuletzt abgerufen am 15.05.2024.